Meine Entwicklung zur Online-Trainerin – eine Reise in die andere virtuelle Realität

Wieviel Empathie verträgt ein Online-Training?

Hätte mich Anfang des Jahres jemand gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, meine Workshops jemals als Online-Training zu etablieren, hätte ich dies vehement verneint.  Ich bin nun schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert leidenschaftliche Präsenz-Trainerin, habe das Handwerk der Moderation von der Pike auf gelernt. Ich habe gelernt, zu improvisieren und mit den unglaublichsten Situationen weltweit klar zu kommen. Und nun soll alles plötzlich online gehen? Doch dann kam die Herausforderung und auch die Angst, trotz Lockdown das Business aufrechterhalten zu müssen. Als bekennende Optimistin wuchs der Mut, es zu versuchen – die Notwendigkeit lässt uns bekanntlich Berge versetzen.

Not macht erfinderisch

Nicht nur, dass meine Kunden plötzlich in der Lage waren, für ihre Mitarbeitenden Homeoffice anzubieten, was bis dato eigentlich als unmöglich erschien. Es sollte doch dann auch mir als Trainerin gelingen können, für diese neue Situation entsprechende Einheiten anzubieten. Also bin ich, trotz bekennender Technik-Allergie, tief in die technische Herausforderung eingetaucht und habe mich mit verschiedenen Tools vertraut gemacht. Zum Glück habe ich hier auf die professionelle Kompetenz meiner Trainer und Trainerinnen vertraut – dazu später mehr.

Dabei bin ich schnell zu der Erkenntnis gekommen, dass es an sich keine Rolle spielt, welches Tool ich benutze. Vielmehr ist entscheidend, über welche Sicherheit und Souveränität ich als Trainerin verfüge, um meine Trainings durchzuführen. Denn letzten Endes kommt es ja auf meinen Inhalt, auf meine Ideen und auf die möglichst hohe Empathie und Interaktivität innerhalb des Trainings an. Dies sollte unabhängig vom gewählten Programm möglich sein.

So hat sich mittlerweile für mich eine regelmäßige online Trainingszeit in einer realen virtuellen Realität entwickelt. Das schreibe ich hier extra recht doppelt verschachtelt, da der reine Begriff „virtuelle Realität – VR“ längst auch anderweitig fest etabliert ist. Und nun erlebe ich hier immer wieder für mich die Aufgabe und den Wunsch meiner Kunden, diese Online-Realität so präsent wie möglich gestalten zu wollen.

Die ersten Schritte

Wenn ich an meine ersten Online-Trainings denke, sind mir noch viele Kommentare meiner Teilnehmenden in Erinnerung, wie sehr man doch die Persönlichkeit vermisse. Zuerst war das Home-Office hochgelobt als Stätte des ruhigen Arbeitens. Doch mittlerweile sehnen wir uns auch zurück nach persönlichen Kontakten, den kleinen Austausch in der Mittagspause oder auf dem Flur mit Kolleginnen und Kollegen. Das kann kein virtuelles Meeting ersetzen. Viele Trainings habe ich selbst auch als Teilnehmerin erlebt. Diese liefen oft nach dem gleichen Schema ab. Die Teilnehmenden wählen sich ein und vielleicht hast du Glück und jemand teilt seine Kamera. Es hat sich in vielen Situationen eingeschlichen, virtuelle Besprechungen ohne Kamera-Modus abzuhalten, schnell seinen Bildschirm zu teilen, um dann in einer endlosen Folien-Dusche Inhalte zu vermitteln. In reiner Wissensvermittlung sicherlich sinnvoll. Aber in meiner ineraktiven Welt?

Die Suche nach dem passenden Training

Da ich selbst ein sehr interaktiver und empathischer Mensch bin, habe ich mich also auf die Suche nach einem passenden Training für mich begeben, das genau eben diese Herausforderung erfüllt. Da gibt es sicherlich viele im virtuellen Raum, und dort auch wahrscheinlich viele gute. Ich kann hier nur meine eigenen Erfahrungen teilen und meine Eindrücke schildern…

Fazit vorab: Meine optimale Vorbereitung auf diese andere Art des Trainings hat dazu geführt, dass ich mir meine benötigten Wissensbausteine aus vielen kleinen Einheiten zusammengebaut habe. Nach einem lebenslangen Lernprozess gab es bei mir kleine individuelle Facetten zu kitten, so dass ich meine optimale virtuelle Motivation finden konnte.

Dazu auch ein kleiner Ausflug zu den Erfahrungen, die ich Euch ersparen möchte… Vorsicht bei Angeboten von selbsternannten „Digitalen Didaktikern“, die ohne viel Basiswissen fehlerhaft drauf los örgeln. Für sehr viel Geld machen Sie die ein Modul schmackhaft. Nach eingehender Prüfung kann ich sagen, dass hier das Geld in eine Steppdecke von Omas Kaffeefahrt sicherlich besser investiert gewesen wäre.

Am Ende wird alles gut

Einige Rosinchen gibt es dennoch im großen virtuellen Kuchen. Dabei kamen mir diverse Trainingseinheiten unter – jeweils passgenau zum „Bauabschnitt“ meiner Workshops. Es ergab sich zunächst die Frage, wie mein Marketing-Konzept überhaupt aussehen kann, um mit Online-Produkten zu starten. Das habe ich mit viel Power und Spaß mit Tobias Gierga (www.tobiasgierga.de) erarbeitet, einem Experten für „junges“ Marktgeschehen. Und wie praktisch, über seine Frau Nicola, einer renommierten deutschen Schauspielerin, sollte ich später auch noch dazu kommen, meine Kamerakompetenz und mein Improvisationstalent im Training unter Beweis zu stellen. Aus den Marketingplänen wurden handfeste Strategien. Sie brachten mich mit ersten virtuellen Tools, oder sagen wir mit Anwendungsprogrammen in Verbindung. Hier gab es an einigen Stellen regelrechte Achterbahnfahrten, so dass ich auch hier nach Klarheit suchte. Eine Beratungs- und Trainingseinheit bei Thomas Müller (https://www.M-TAC.de und https://webinarkontor.de) hat mir die Einfachheit dieser Programme mit sehr viel IT-Fachwissen und genauester Kenntnis der vielen Details ans Herz gelegt und ich verstand schnell, die Tools zu „meistern“. Nach einem Ausflug in die Technik ging es endlich weiter um meine persönliche virtuelle Trainerkompetenz.  Dazu war die Expertise von Oliver Gentina (www.gentina.de) gefragt.  Er legt in seinen Trainings besonderen Wert auf Praxisnähe innerhalb virtueller Module. Mit seinem Hintergrund in IT und Theologie vereint er perfekt die Bedürfnisse der logischen Welt mit den Anforderungen an Empathie und sozialem Verständnis, welches uns trotz aller Virtualität niemals abhandenkommen sollte. Nun schon gut gerüstet und bereits erfahren mit einigen ersten Online-Gehversuchen rundete Carsten Blumenstein (www.virtuu.net ) meine „Online-Schule“ ab. Carsten kenne ich nun schon eine ganze Weile und ich staune immer wieder, welches Spektrum an Angeboten er umfassen kann. In unserem – wie immer sehr herrlich erfrischendem – Training ging es für mich um die Gestaltung meines individuellen Set-Ups, Kameraeinsatz, Körpersprache, um den Sinn oder Unsinn virtueller Hintergründe, und um einen für mich sehr wertvollen und geschätzten Erfahrungsaustausch.

Jedes Gesicht ist ein Geschenk

Mittlerweile bin ich etliche Trainings weiter, habe meine Präsenztrainings vielfach in ein stabiles Online-Format gebracht und daraus viele Tipps und Tricks in Bezug auf Didaktik und Lernpsychologie entwickelt, die ich nun wiederum selbst an Teams weitergeben kann.

Situationsbedingt sind viele von uns in das Homeoffice verbannt worden. Positiv ausgedrückt wir haben die Chance, selbstbestimmt und allein zu arbeiten und dennoch die von uns erwarteten Ziele zu erfüllen. Was für den einen zunächst als Chance des Stillen Arbeitens erfasst wurde, führt nun häufig zu der Situation der sozialen Isolation. Ich höre auch von vielen Kunden oder Teilnehmenden meiner Trainings, dass sie die sozialen Kontakte vermissen und sich schwer damit tun, auf das tägliche Gespräch in der Kaffeepause oder bei einem gemeinsamen Mittagessen zu verzichten. Und dann höre ich zwischen den Zeilen die Sehnsucht heraus, doch in virtuellen Trainings so persönlich und so interaktiv wie möglich zu arbeiten, um wenigstens ein kleines Stück dieser Realität wiederzubekommen. So habe ich mich also auf den Weg gemacht und beschlossen, bei meinen virtuellen Trainings nicht nur auf Kreise mit Buchstaben schauen zu wollen. Ich ermutige meine Teilnehmenden regelmäßig, doch die Kamera einzuschalten. Je nachdem, mit welchen Ländern ich zu tun habe höre ich, dass nach Jahren der virtuellen Arbeit nun der Moment da ist, tatsächlich ein allererstes Mal seine Kamera einzuschalten. Das ist dann ein regelrechtes Highlight und ruft nach eindringlicher musikalischer Begleitung. Tief innerlich schmunzelnd freue ich mich jedes Mal, meinen virtuellen Raum wieder mit einem „echten Gesicht“ beschenkt zu haben. Für manche fühlt es sich sehr merkwürdig und ungewohnt an und sehr bald kommen dann Kommentare wie „… ich habe jetzt das Gefühl, dass wir richtig miteinander in einem Team arbeiten, fast so wie im richtigen Training“.

Empathie und Interaktivität vor Technik

Bevor ich meine Folien teile, versuche ich eine Beziehung zu meinem virtuellen Gegenüber aufzubauen, es entsteht eine Art virtuelle Empathie. Manchmal bedarf es dazu kleiner Lernaufgaben, Aufwärmübungen, witziger Umfragen oder Online-Sport- und Bewegungsübungen. So nimmt die Tiefe des Trainings eine andere Dimension an und ich kann mir vorstellen, dass während meiner Präsentation doch richtige Menschen am anderen Ende mit mir arbeiten.

Meine Präsentationen sind geprägt von vielen Bildern von visuellen Eindrücken, gepaart mit Fakten und Hintergrundinformationen, um jegliche Denkweisen abzuholen und verschiedene Persönlichkeitstypen zu berücksichtigen – also logische, kreative, strukturierte und emotionale. Es hat sich für mich eine digitale Didaktik entwickelt, die ich mehr und mehr mit Interaktivität kombiniere. Wenn wir tendenziell davon ausgehen, nach wenigen Sekunden bereits abgelenkt sein zu können, weil unser Gehirn nach neuen Herausforderungen sucht, anstatt ständig auf ein und dieselbe Folie zu schauen, gebe ich bereits nach wenigen Folien eine Denkaufgabe. Dazu bitte ich dann meine Teilnehmenden bewusst, ihre Augen vom Bildschirm zu nehmen, sich etwas Papier und einen Stift zur Hand zu nehmen, um eine Frage zu beantworten. Die haptischen Eindrücke, die mit dieser Aufgabe einhergehen, schaffen Verbindlichkeit und Realität. Nicht eine virtuelle Realität, sondern eine echte. Diese verbindet mit der Thematik auf einfache haptische Weise, besser als durch das Ertragen einer endlosen Folien-Schleife. Der verbale Austausch über die Ergebnisse ist oft ein sehr lebendiger. In diesen Momenten stoppe ich die Bildschirmpräsentation und gehe in den Kameramodus zurück und spätestens jetzt hat auch der letzte Spaß daran, die Kamera einzuschalten und tatsächlich mit realen Menschen zu sprechen. Körpersprache, Gestik und Mimik sind nur bedingt wahrnehmbar, aber das bisschen, was mir angeboten wird, nehme ich doch gerne als virtuelle Realität, etwas anderes bleibt mir ja nicht übrig. Ich habe nur diesen Moment und der ist immerhin besser als auf Kreise mit Buchstaben zu schauen, oder sagen wir hier mal „zu glotzen“. Anschließend gehen wir wieder in die Präsentation zurück mit dem Bewusstsein, dass jetzt reale Menschen hinter den Folien sitzen und sich bereits auf gewisse Weise verbunden fühlen.

Schrittweise die Interaktivität erhöhen

Nun kann ich die Denkaufgaben auch mit akustischen Signalen begleiten. Ich stoppe ein oder zwei Minuten ab und benutze dazu eine Klingel, eine Glocke oder einen Buzzer, je nachdem mit welcher Zielgruppe ich es zu tun habe. Auch dieses akustische Signal spricht wieder einen anderen Sinn an und lädt zu einer anderen Form der Aufmerksamkeit ein. Zwischendurch gehe ich wieder in den Kamera-Modus und halte einige symbolische Moderationskarten in die Kamera. Darauf sind zum Beispiel Smileys, Würfel oder andere Symbole zu erkennen, um auch visuell auszudrücken, was gerade Thema ist. Dies führt dazu, dass die Teilnehmenden sehr aktiviert sind.

Die Zielgruppe immer im Blick

Meine Trainings sind mittlerweile sehr etabliert und werden sehr gut nachgefragt, sowohl national als auch international. Die große Herausforderung für mich ist dann, meine interaktiven Ideen auf die jeweilige Zielgruppe zu münzen. Meine Studierenden aus jüngeren Semestern freuen sich über die akustischen Signale und sind sofort bereit, die Kamera einzuschalten. In kritischen Diskussionen oder mit anderen Teilnehmergruppen empfiehlt es sich eher, in aller Ruhe länger im Kameramodus zu bleiben und eventuelle Entscheidungen auch in diesem Moment zu treffen, weil ich doch an der Reaktion einer Person ablesen kann, wie zufrieden oder unzufrieden sie mit dem Ergebnis ist. Bei anderen Zielgruppen, wie beispielsweise Finanzorganisationen oder Behörden haben sowohl meine interaktiven Elemente als auch die Teile meiner Präsentation eher faktischen und logischen Hintergrund. Dies wird dann von meinen Klienten oder von meinem Teilnehmenden sehr begrüßt, weil die Inhalte so aufbereitet sind, dass sie dem Vokabular im typischen Stil der Organisation sehr entgegenkommen. Wenn ich mit einer Gruppe Betriebsräte eine Verhandlung begleite, und dies auf virtuellem Wege passieren muss, weil wir derzeit keine anderen Möglichkeiten haben, liegt auch hier mein Fokus darauf, alle Beiträge ins Boot zu holen und bei kritischen Situationen sehr vorsichtig vorzugehen. Auch hier baue ich eine visuelle Begleitung ein, um einige Spitzen im Gespräch etwas zu entschärfen oder lange Redezeiten höflich zu unterbrechen.

So habe ich mittlerweile ein sehr großes Repertoire an Möglichkeiten geschaffen, um mit virtuellen Zielgruppen dementsprechend umzugehen und sie an einem Training teilhaben zu lassen, was ihrer Art der Kommunikation entspricht. Die erzielten Trainingsergebnisse fallen dementsprechend sehr individuell und nachhaltig positiv aus.

Nichts ist so echt wie die wirkliche Wirklichkeit

Gemeinsam mit meinen Kundinnen und Kunden blicke ich erwartungsvoll auf die Zeit, wenn Präsenztrainings – so wie wir sie gewohnt waren – wieder stattfinden können. Bei mir wird es im August soweit sein. Wie es sich wohl anfühlen wird? Die virtuelle Realität ist mittlerweile so normal geworden, dass sich ein Präsenztraining fast wie eine Geschichte aus einer vergangenen Zeit anhört. In meiner beruflichen Zukunft wird jedenfalls beides eine Rolle spielen. Die virtuelle Realität hat bei mir und meiner Arbeit einen festen Platz eingenommen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Nachfrage so schnell entwickelt. Andererseits freuen sich auch meine Bestandskunden wieder auf den Präsenzmodus, in dem wir unsere Körpersprache, die jeweilige Situation, und die Trainingsinhalte mit wirklich allen realen Sinnen wahrnehmen können.

In diesem Sinne freue ich mich auf ein reales Wiedersehen, vielleicht auch in einer virtuellen Realität, wer vermag dies heute noch mit Sicherheit zu unterscheiden.

Herzlichst,

Ihre Petra Motte