Gute Vorsätze sind oft schlechte Ratgeber
Weniger ist mehr – auf die kleinen Dinge kommt es an
Das alte Jahr hing in seinen letzten Zügen, einige Abschlussarbeiten im Büro standen noch an, als mich plötzlich ein lokaler Journalist anrief. Er fragte, ob ich nicht Lust hätte, zu Beginn des neuen Jahres mir in einem Interview ein paar Gedanken über gute Vorsätze zu machen. An sich bin ich kein Freund der großen Vorsätze. Vielfach erlebe ich doch, dass diese im Sand verlaufen oder einfach so unerreichbar sind, dass es von vornherein nicht viel Sinn macht, diesen zu folgen. Dann hatte ich mich doch mit ein paar Gedanken diesem Thema gewidmet und in meiner Klientel herum gehorcht, mit welchem Sorgen und Anliegen die Menschen zu mir kommen.
Viele leiden daran, dass die Ziele, die sie sich gesteckt haben, einfach zu groß sind. 30 kg abnehmen, nie wieder Alkohol trinken, nie wieder mit der zerstrittenen Schwester Kontakt haben. Das sind absolute Aussagen, die ein gewisses Unbehagen hervorrufen. Vielfach treten sie Gedanken los, die für schlaflose Nächte sorgen. Meine Erfahrung ist auch, das zu Beginn mit großer Euphorie an den guten Vorsätzen gearbeitet wird, aber selten gibt es eine Vereinbarung im Sinne eines „Vertrags mit sich selbst“. So könnte man jedenfalls überprüfen, wie weit es denn mit den Vorsätzen gekommen ist.
So ist es nicht verwunderlich, dass viele Vorsätze bereits nach kurzer Zeit überhaupt nicht mehr spruchreif sind. Man schleppt sich einfach mit den alten Verhaltensmustern durchs Jahr – und eben auch mit dem damit verbundenen Frust, es wieder einmal nicht geschafft zu haben. Viele Menschen schleppen die gleichen Vorsätze ihr ganzes Leben mit sich herum. Oft sind es schon Leitsätze aus der Kindheit, die im Erwachsenenalter für zusätzlichen Druck sorgen.
Auf dem Weg zu einem starken Miteinander
Gute Erfahrung habe ich damit gemacht, sich kleine gangbare Ziele zu setzen. Manchmal sind es auch Gesten oder Verhaltensweisen, die im alten Jahr etwas zu kurz gekommen sind. Für meinen Teil möchte ich daran arbeiten, viel mehr Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge zu richten. Mich bei Menschen zu bedanken, die immer für mich da sind und dies wert zu schätzen. Auch sich häufiger zu einem guten Gespräch zu verabreden klingt vielfach nach einem großen Wunsch für das neue Jahr.
Ich beobachte in meinem Umfeld auch die Hinwendung zu immateriellen Werten. Beziehungen, Freundschaften, Zeit miteinander zu verbringen, all das hat in den letzten Jahren wieder an Stellenwert gewonnen. Viele Menschen sind satt und müde, was die materiellen Dinge betrifft. Sie besinnen sich wieder auf ein gutes Miteinander, pflegen ihre Beziehungen. Die schönsten Geschenke zu Weihnachten werden häufig mit Zeit- Geschenken benannt. Wieder einmal etwas zu unternehmen, Zeit miteinander zu verbringen, sich im Anschluss an ein Ereignis gemütlich zum Abendessen oder zu einem lustigen Abend zusammen zu finden.
Keine Zeit mehr zu haben ist ein alltägliches Phänomen geworden
Viele Menschen haben einfach nie Zeit. Ich höre von vielen Freundesgruppen, dass es manchmal nur einmal im Jahr gelingt, alle aufeinander zu bringen und etwas Gemeinsames zu unternehmen. Gleichzeitig wollen alle im neuen Jahr daran etwas ändern. Oft helfen da regelmäßige Termine, z.B. einmal im Quartal oder alle zwei Monate am letzten Freitag. So kann jeder langfristig die Termine blockieren.
Auch die Digitalisierung macht vor den guten Vorsätzen nicht Halt
Auch die Digitalisierung macht vor den guten Vorsätzen zum neuen Jahr nicht Halt. In vielen Familien gibt es für dieses Jahr das Vorhaben, den Kindern nicht so viel Zeit an ihren digitalen Spielzeugen zu erlauben oder das Handy bei den Mahlzeiten gänzlich vom Tisch zu verbannen. So bliebe jedenfalls wieder viel Zeit, um miteinander ins Gespräch zu kommen und die Fragen des alltäglichen Lebens persönlich zu diskutieren.
Letztlich hat da jeder seine eigene Fantasie und Kreativität, was die guten Vorsätze angeht. Was auch immer Ihnen auf dem Herzen liegt, Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Energie bei der Umsetzung ihrer Vorhaben.
Das ganze Interview zum Thema finden Sie unter folgendem Link:
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Start in das neue Jahrzehnt,
herzlichst,
Ihre Petra Motte
(Foto von Claudia Ast)